Tuesday, 22. May 2007
Wo ist Stratmann?
Heute fand im Künstlerhaus Hannover der Stipendiatenempfang des Landes Niedersachsen 2006/2007 statt. Eingeladen hatte der zurzeit tätige niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kultur, Lutz Stratmann.
In der Einladung schrieb Stratmann, dass er gemeinsam mit den Stipendiaten, also auch mit mir, über Anregungen und Perspektiven der Künstlerförderung in Niedersachsen diskutieren wolle, und dass er sich darüber freue, die Stipendiaten persönlich kennen zu lernen.
Gelockt von der Möglichkeit, neue Anregungen und Kritik einzubringen, „opferte“ ich also meine kostbare Zeit diesem Empfang und gab zudem noch viel Geld aus, um nach Hannover zu gelangen.
Der Empfang begann mit Grußworten von Lutz Stratmann, und wurde von Bernd Milla, dem Leiter der Künstlerhäuser Worpswede, fortgesetzt, der über die Fördermöglichkeiten und Künstlerstätten zur Bildenden Kunst in Niedersachsen berichtete. Es folgten bildende Künstler, die von ihren Erfahrungen mit der Förderung und über ihre Kunst sprachen. Danach gab Axel Kahrs, der Leiter des Künstlerhofs Schreyahn, einen Einblick in die Förderungsmöglichkeiten Niedersachsens für Literatur und Musik. Und wieder berichteten Künstler, in diesem Fall Stipendiaten für Musik und Literatur, über ihre Erfahrungen und stellten ihre Werke vor. Lutz Stratmann sprach die Schlussworte, und nun sollte es zu dem Empfang (für mich eigentlich wichtigsten Teil der Veranstaltung) übergehen.
Doch was verkündete Herr Stratmann? Er ließ sich entschuldigen, da er noch anderweitige Verpflichtungen habe. Bitte??? Wieso findet denn überhaupt ein Empfang statt, wenn die uns eingeladen habende Person überhaupt nicht anwesend ist? Natürlich ist es aus sentimentalen Gründen schön, wenn man ehemalige Mitstipendiaten oder alte Freunde auf so einer Veranstaltung wieder trifft, doch deswegen würde ich nicht soviel Geld ausgeben und würde meine Zeit durchaus lieber der Kunst widmen. Ich möchte nicht zu einem „Menschenfüller“ missbraucht werden, doch als solcher fühlte ich mich. So nach dem Motto: Hauptsache viele Künstler besuchen den Stipendiatenempfang, damit es so aussieht, als wäre diese Veranstaltung wichtig. Dazu hat jeder Stipendiat natürlich noch glücklich und dankbar zu sein, da er ja gefördert wurde, und sollte lieber nicht auf die Idee kommen, irgendetwas in Frage zu stellen oder noch schlimmer, hinter die Kulissen zu schauen. Und nicht nur mir ging es so, was ich nach einigen Gesprächen mit anderen Stipendiaten herausfand.
Auch einige meiner Kollegen, die auch nur gekommen waren, um neue Anregungen auszusprechen und das persönliche Gespräch mit Stratmann suchten, fühlten sich auf gut deutsch verarscht, als klar wurde, dass es doch keine Gelegenheit mehr geben würde, mit Stratmann persönlich zu sprechen. Aber vielleicht machte Herr Stratmann auch nur einen Rückzieher, da er schon befürchtete, dass so ein Stipendiat unbequeme Verbesserungsvorschläge haben könnte, und dass diese womöglich auch noch so fundiert formuliert werden könnten, dass keine wirklichen Gegenargumente mehr möglich wären.
Die ganze Veranstaltung zielte jedenfalls darauf ab, dass ja die niedersächsische Kunstförderungspolitik so großartig sei, denn Niedersachsen hat bundesweit die meisten Förderungsstätten, und jeder musste ja jeden hoch loben … und ruhte sich darauf aus. Und niemand der „Offiziellen“ bemerkte, wie unzufrieden doch viele der geladenen Künstler waren. Wie auch, sie sahen ja nur, dass so viele Künstler erschienen waren. Was ja auch klar war, bei diesem Lockbrief, auf den ich ja auch reinfiel. Wichtig schien nur die äußere Erscheinung zu sein, ein paar nette Fotos, zwei teure Blumengestecke und Häppchen und Trinken für den Empfang. All dieses Geld sollte vielleicht lieber in die Kunstförderung und nicht in unwichtigen Schnickschnack fließen.
Durch die Abwesenheit Stratmanns war diese Veranstaltung sinnlos, denn als Stipendiat erkundigt man sich doch, was für Kunst die Mitstipendiaten so machen, und einen Kunstaustausch gibt es logischerweise im Stipendium, was für mich eine der wichtigsten Erfahrungen im Stipendium war. Auch sonst war das Stipendium in Worpswede eine große Bereicherung. Und welche Erfahrungen man in den einzelnen Kunststätten so macht, weiß man auch schon aus eigener Erfahrung und durch den Austausch mit den anderen Künstlern. Wozu also das ganze Brimborium, wenn es dann doch keine Diskussionsmöglichkeit mehr gibt?
Ohne das versprochene persönliche Gespräch, dem eigentlichen Empfang also, ist so eine Veranstaltung für Exstipendiaten ohne Bedeutung, und sollte somit nur mit dem niedersächsischen Minister für Wissenschaft und Kultur wiederholt werden.
Gut allerdings könnte so eine Veranstaltung für Künstler sein, die sich über die Fördermöglichkeiten und Kunststätten erkundigen möchten und eben noch kein Stipendium haben.
Fazit des Stipendienempfangs: schöne Idee, die aber ohne Stratmanns Anwesenheit sinnlos bleibt. Trotzdem war es schön, alte Bekannte und Freunde mal wieder zu treffen.